Mehr als nur Freisteller
Für Amazon zu Fotografieren wird immer anspruchsvoller und vor allem aber auch vielseitiger. Natürlich gehört nach Plattformvorgabe noch immer mindestens eine freigestellte Produktaufnahme als Galeriebildbild dazu. Mit dem Rest der teils bis zu 7 Aufnahmen zu einem Produkt ist der Fotograf aber mehr und mehr interdisziplinär unterwegs.
Dieser Blogbeitrag beschäftigt sich mit den vielfältigen Anfragen, die mich zum Thema Amazon-Produktfotografie im Studio erreichen und warum es zum Beispiel kaum möglich ist Pauschalpreise anzugeben, an der sich ein potentieller Auftraggeber orientieren kann .
Es macht uns Fotografen schon Spaß für Anbieter bei Amazon zu fotografieren. Nicht zuletzt weil dadurch viel Abwechslung ins Studio kommt. Denn für diese Plattform zu fotografieren ist mittlerweile viel mehr als „nur“ freigestellte Produktaufnahmen zu erstellen. Laut Amazon Styleguide gehört das aber nach wie vor dazu. Auch wenn das explizit nur für das Hauptbild vorgeschrieben wird.
Das Hauptbild als Freisteller
Keine große Sache, möchte man meinen. Ob Reisegepäck, Glaswaren, Trinkflaschen oder Schuhe, immer die gleiche Vorgehensweise. Die Produkte werden auf einem weißen Hintergrund platziert und fotografiert. So einen Fotostand hat jeder Fotograf eh immer im Studio. Daher ist das schnell und somit auch für kleines Geld erledigt. Zumal sich mit diesem Standard massenhaft Aufnahmen produzieren lassen.
Das geht tatsächlich! Zumindest dann, wenn ein Studio sich nur mit Reisegepäck beschäftigt und dadurch ausreichend ausgelastet ist. Das ist aber eher selten der Fall und so werden auch Aufträge bearbeitet, bei denen es um transparente Produkte wie Gläser, spiegelnde Produkte wie die Thermosflaschen oder kleiner Produkte wie Schuhe bearbeitet.
Nur wehe, wenn der Fotograf seine Reisegepäck-Standards dann auch auf die anderen Produktgruppen anwendet. Das wir so etwas von in die Hose gehen, dass er dazu nie wieder einen Folgeauftrag bekommt. Das weiß er und deshalb wird er es auch nicht machen. Es wird zwar oft nach Lösungen gesucht, die das trotzdem möglich machen, noch so unterschiedliche Produktgruppen möglichst in einem Set fotografieren zu können.
- Da sein dann mal das Lichtzelt/der Lightcube genannt, um alles gleichmäßig und schattenfrei aufgenommen zu bekommen.
- Oder der Leuchttisch, der es möglich macht den Hintergrund so zu beleuchten, dass der den erwarteten weißen Hintergrund hat, ohne dass das Produkt noch in einem weiteren Arbeitsgang freigestellt werden muss.
- Findige Ingenieure versuchen sich an Fotoboxen, die vieles automatisieren. So zum Beispiel die Kamerasteuerung, das Freistellen, das sogenannte Focus-Stacking und die Datenkonvertierung.
- In den USA hat sich Amazon sogar ein Foto-Setup patentieren lassen. Grundidee dabei ist es, das Licht für das Produkt von dem für den Hintergrund zu trennen. Gute Idee, wenn auch nur für einen kleinen Teil an Produkten.
Das A und O eines guten Produktfotos egal ob für den E-Commerce oder im Printbereich ist aber nun mal das Licht für das Produkt. Nicht ohne Grund werden die entsprechenden Fachleute ja auch Produktfotografen und nicht Hintergrundfotografen genannt. Den Hintergrund in einem weiteren Arbeitsgang vom Produkt zu trennen, um ihn dann gegen einen weißen auszutauschen oder anderweitig zu bearbeiten ist nicht, was die Kosten einer Produktaufnahme exorbitant in die Höhe schießen lässt.
Gute Fotografen konzentrieren sich daher darauf, das Produkt ins rechte Licht zu stellen. Was das rechte Licht ist, das bestimmt aber das Produkt mit seinen individuellen Merkmalen. So kann also niemals ein transparentes Produkt wie die Gläser ins gleiche Licht gestellt werden, wie die Schuhe oder gar die spiegelnden Thermosflaschen.
Es gibt daher nicht DAS Setup, um freigestellte Produktaufnahmen aller möglichen Produktgruppen standardisiert zu fotografieren. Somit muss im Studio nahezu jede freigestellte Produktabbildung neu aufgebaut werden.
Etwas anderes ist es, wenn ein Auftraggeber gleich 10 Paar Schuhe ins Studio schickt. Schuhe zu fotografieren ist jetzt nicht gerade die Königsdisziplin in der Produktfotografie. So in Setup ist relativ zügig erstellt und mit kleinen Modifikationen sind darin dann auch weiße, schwarze, glatte, raue, hohe und flache Schuhe zu fotografieren. Der Aufwand der Vorbereitung rechnet sich nun also nicht mehr nur auf eine Produktaufnahme, sondern gleich auf 10. Was den Aufnahmepreis eines jeden der 10 Schuhe ganz enorm entgegenkommt. Das gilt für alle anderen Produkte, die in Serie aufgenommen werden können, genau so.
Eine gute Möglichkeit bei den Fotokosten zu sparen, wäre daher die, das Studio mit ähnlichen Produkten zu fluten. Gerade für Amazon haben die meisten Anbieter aber immer nur ein Produkt. Bestenfalls das gleiche Produkt in unterschiedlichen Farben. Hier würde ein Regalsystem im Studio helfen, in dem die Produkte gruppenweise gesammelt werden. Sind dann genug Artikel für ein Setup zusammen gekommen, wird deren Set aufgebaut. So profitieren dann auch Einzelprodukte von der Serie.
Funktioniert aber nicht. Kaum einer möchte zwei oder gar vier Wochen warten, bis in seiner Rubrik genug zusammen gekommen ist, damit auch sein Produkt günstig und gut in der Serie zu fotografieren ist.
Das Hauptbild als Freisteller
Allein mit dem Hauptbild ist es eher selten getan. Amazon lässt bis zu 7 Aufnahmen zu. Deshalb gehen einige Fotostudios her und bieten ganze Bildersets pauschal an. Gestaffelt nach Anzahl der gewünschten Bilder als auch nach Aufwand bei deren Erstellung. Wer bei seiner Internetsuche nach einem Produktfotografen auf solche Pakete stößt, der wird sich wahrscheinlich wundern, dass schon für ein einfaches Set von nur 4 Produktaufnahmen um die 200 € aufgerufen werden. Ein 7er-Set, für das mit Kulissen, Models, Requisiten und grafischen Zusatzleistungen gearbeitet wird, kratzt da auch gern mal den 4-stelligen Bereich.
Diese Kurse sind in vielen Fällen tatsächlich auch gerechtfertigt. Was aber für den fotografischen Laien, um die es sich bei den meisten Auftraggebern handelt, oft nicht nachvollziehbar ist. Erkennbar an einer Vielzahl von Anfragen bei denen es nur heißt: „Was kosten bei Ihnen 7 Aufnahmen für Amazon?“ Keine Angaben um welche Art von Produkt es sich handelt, kein Wort darüber, wie man sich die Bilder vorstellt. Das ist natürlich völlig unkalkulierbar.
Ein Auftraggeber wie der, der mich dieses Schneidebrett fotografieren ließ, wäre allerdings bereits bei Einsteiger-Paket mit 200 € übervorteilt gewesen.
Vier Aufnahmen aus ein und derselben Perspektive, im gleichen Licht, nur ein wenig andekoriert, kommt dann vielleicht auf 200 €, wenn statt Kartoffeln, Zwiebeln und Paprika, Hummer und Trüffel als Deko zum Einsatz kommen. So aber liegt so ein Set weit darunter.
Anders bei diesem Kochmesser. Bei Amazon ebenfalls in der Kategorie „Küchenutensilien“ gelistet, steckt in dem Fotoset deutlich mehr Arbeit.
Nicht nur, weil es mehr Aufnahmen sind. Für jede Einstellung musste ein eigenes Licht gesetzt werden. Es wurden grafische Elemente mit eingearbeitet und gestaltet. Eine vom Licht und der Perspektive angepasste Aufnahme des Messers sollte in das Stockmotiv der Küche eingebaut werden.
Nur lässt sich daraus nicht ableiten, dass die Bilderstellung für Kochmesser pauschal XY€ kosten. Der nächste Kochmesser-Auftraggeber möchte vielleicht zusätzlich noch Anwendungsbilder, bei denen der Koch bei der Arbeit mit dem Messer zu sehen ist. Das geht dann nicht mehr als Fotomontage. Dazu braucht es eine Küche und einen Koch.
Fazit
Fotografen die Amazon-Produktbilder nicht pauschal im Set anbieten sind nicht zwangsläufig die teureren. Die Produkte und Fotokonzepte sind so vielfältig, dass ein Pauschalpreis nur ein grober Richtwert sein kann. Erst durch genauere Vorgaben kann ermittelt werden, welcher Aufwand tatsächlich dahinter steht.
Aber was, wenn beim Auftraggeber noch gar keine konkreten Vorstellungen bestehen?
Auch das ist Teil der Arbeit eines Fotografen. Bildideen zu entwickeln, von denen dann auch klar ist wie und mit welchem Aufwand sie umzusetzen sind. Am besten gleich mit dem Kunden zusammen.
Die meisten Fotografen, so man denn direkt zu Ihnen durchkommt, nehmen sich gern die Zeit für ein konzeptionelles Vorgespräch. Mir zumindest ist das lieber. Denn nur so gibt es dann anschließend keine Diskussionen über falschen Bildinhalte oder Abrechnungen.
Ihr direkter Draht in mein Studio:
069 – 884046