Der Leuchttisch / Das Durchlicht

Wenn der Fotograf von weiß redet, dann ist das keine Farbe sondern ein Zustand. Ein Lichtzustand. Sind wir bei dem weißen Ping Pong Ball bemüht, die für das Auge notwendigen Deckung von 5-10% grau hinzukriegen, damit man erkennen kann, das da überhaupt etwas ist, braucht ein Hintergrund für einen Freisteller genau 0%. Nicht 2, aber auch nicht -2%.

Gibt es aber -2% Deckung? Nichts ist nichts, sollte man denken. Aber wir reden ja nicht von Nichts sondern von Licht. Und zuviel Licht kann sich verheerend auf das Objekt auswirken, dass vor dem Nichts steht. In dem Fall unser ebenfalls weißer Ball, dessen Kanten sofort „wegfliegen“ sobald wir von hinten mehr Licht geben als wir für die 0% Deckung brauchen.

Fangen wir bei dem Experiment mal mit dem so oft gepriesenen Leuchttisch an. Ich selbst habe so was zwar nicht und für die, die es nicht kennen: Eine Hohlkehle aus Plexi, die sich von hinten durchleuchten lässt. Dort legen wir also wieder unseren Ping Pong Ball hin, beleuchten ihn erstmal, wie gewohnt.

Und nun geht es darum, die Plexiplatte, vor allem aber wieder mal den Liegeschatten wegzuleuchten. Das geht logischerweise nur, wenn von untern mehr Licht kommt als von oben.

Ich habe mir wirklich alle Mühe gegeben. Das Licht von unten ist gerade so stark, daß ich in meiner Bildbearbeitung tatsächlich noch 1% Deckung messen kann. Trotzdem ist der Liegeschatten noch zu ahnen.

Schlimmer aber noch, dass durch das Unterlicht Ball und Untergrund verschmelzen. Da wird es arg schwer für den Freisteller per Zauberstab oder Maske noch eine Kontur zu finden. Daher habe ich es per Pfad gemacht und damit ein angenommene Form nach unten beschnitten. Gegen weiß gestellt haben wir zwar jetzt auch nach unten eine Trennung und wir sehen den Ball. Allerdings haben wir gerade gegen eine Grundregel des Lichtmachens verstoßen. Das Hauptlicht kommt vom Himmel, nicht aus der Hölle! Das kann man zwar in ganz kreativen Momenten mal machen, unser Chinese will aber eine Produktabbildung im klassischen Sinn und keine Kunst.

 

So geht es also nicht. Aber auch nach dem ersten gescheiterten Blue-Screen Versuch haben wir uns ja nicht gleich ins Bockshorn jagen klassen. Vielmehr hat uns der Trick, Produkt und Hintergrund zu trennen, ein ganzes Stück weitergebracht.

Mein Aufbau dazu sieht bei mir dann so aus: Der Ping Pong Ball liegt auf einer Glasscheibe. Beleuchtet wird er, wie wir es kennen, von der Schreibtischlampe und dem Klemmspot. Rechts ein Spiegel und unter der Glasscheibe eine weiße Pappe. Dahinter steht in meinem Aufbau eine Lichtbox. Es kann aber ebenso gut eine Plexiplatte sein, die einfach nur durchleuchtet wird. In meinem Aufbau ist die Lichtbox deutlich zu groß. Eigentlich bräuchte sie nur die Fläche, die auch wirklich hinter dem Ball zu sehen sein wird. Alles mehr an Gegenlicht bringt nur Streulicht in die Kamera. Ich hab es trotzdem mal so gelassen, weil ich ja eigentlich in dem Aufbau heute putzige kleine Seifentierchen fotografieren sollte. Was dann so aussehen sollte:

Seifeentiere Kappus

Aber zurück zum Ping Pong Ball: Wir haben es tatsächlich geschafft, den Ball unabhängig von Hintergrundlicht sauber auszuleuchten. Der Hintergrund ist tonlos bis auf einen Rest von 1% Deckung. Das ist für den Druck aber zu vernachlässigen. Einzig die Kanten oben sind etwas überstrahlt. Ich gebe ja zu, dass ich es mit einem weißen Ball auf weißem Grund besonders schwer gemacht habe. Tonwertreichere Objekte stünden sicher besser da. Aber wie sollte ich sonst rechtfertigen, dass ich den klassischen Freisteller diesem Weg und auch dem des Blue Screen vorziehe. Denn wie das Beispiel mit den Seifen zeigt, kommen diese Gemeinheiten doch häufiger in meinem Studioalltag vor als man denkt.

Und auch unser chinesischer Ping Pong Kunde hat ein Recht auf saubere Kanten. Unser Prototyp ist derweil schon durch den Zoll und per Overnight-Kurier auf dem Weg zu uns ins Studio. Gerade noch genug Zeit, es mit dem klassischen Freistellen zu versuchen…